Carl Wallmann

aus Helmstedt-Wiki, der freien Enzyklopädie über den Landkreis Helmstedt
Zur Navigation springen Zur Suche springen
Idealisierende Darstellung des „Räuberhauptmannes Rose“ aus dem 19. Jahrhundert

Heinrich Christian Carl August Wallmann, besser bekannt als Räuberhauptmann Rose, (* 10. Juni 1816 in Helmstedt; nach 1848 in Nordamerika verschollen) war ein berüchtigter Räuber im braunschweigisch-preußischen Grenzgebiet. Er führte in den 1830er- und 1840er-Jahren eine Bande, die zahlreiche Einbrüche und Diebstähle verübte. Nach ihm ist im Lappwald ein Wanderweg benannt.[1][2]

Leben

Wallmann wurde am 10. Juni 1816 in Helmstedt als unehelicher Sohn der verwitweten Johanna Elisabeth Rose geboren. Sein Vater ist unbekannt. Da er unehelich war, wurde er in amtlichen Dokumenten nach dem Mädchennamen seiner Mutter geführt und erscheint dort als „Rose“. Im Kirchenbuch der St.-Stephani-Kirche ist sein voller Name mit Heinrich Christian Carl August verzeichnet. Seine Mutter starb, als er 13 Jahre alt war. Wallmann lernte lesen und schreiben, besuchte jedoch nur kurz die Schule. Aufgrund seiner sozialen Herkunft blieb ihm eine Berufsausbildung verwehrt. Zunächst verdiente er seinen Lebensunterhalt als Händler mit Fisch und Obst. Ab etwa 1834 schloss er sich mit jungen Männern aus ärmeren Verhältnissen zusammen. Viele seiner Gefährten waren zwischen 20 und 30 Jahre alt und lebten von Gelegenheitsarbeiten oder Kleinkriminalität.[1][3]

Kriminelle Laufbahn

Im Alter von 17 Jahren wurde Wallmann 1833 erstmals in einer Polizeiakte erwähnt, nachdem er beim versuchten Fischdiebstahl ertappt worden war. Ab 1840 sammelte er erneut Gleichgesinnte um sich, darunter Hehler und Diebe. Das Grenzgebiet zwischen Preußen und Braunschweig begünstigte die Aktivitäten, da Täter nach Überfällen oft auf die andere Seite der Grenze fliehen konnten. Seit 1834 gilt Wallmann als Anführer einer Bande, deren Mitglieder unter prekären sozialen und wirtschaftlichen Bedingungen lebten. Straßenraub wurde gemieden; stattdessen richteten sich die Einbrüche vor allem gegen wohlhabendere Schichten. Es wird überliefert, Wallmann habe behauptet, von den Reichen zu nehmen und den Armen zu geben – Belege dafür gibt es jedoch nicht.[1]

Bedeutende Taten

Die Bande verübte zahlreiche Einbrüche, unter anderem in Pfarr- und Bürgerhäuser, bei Beamten, Kaufleuten, Gutsbesitzern, in Kirchen und Wirtshäusern. 1840 und 1842 wurde der Depositenkasten im Helmstedter Amtsgericht entwendet. Ebenfalls drang die Gruppe in die provisorische Gruft des an der Cholera verstorbenen Generalfeldmarschalls Neidhardt von Gneisenau ein.[1]

Ein besonders aufsehenerregender Einbruch ereignete sich Weihnachten 1840 beim Brauer Müller in der Bötticherstraße / Ecke Neumärker Straße. Wallmann und seine Komplizen stahlen die gesamten Ersparnisse der Familie – darunter 1040 Taler in Gold, 350 Taler in Silber, silberne Löffel und weitere Wertsachen. Der Einbruch blieb unbemerkt, obwohl die Familie im Haus war, da Wallmann zuvor den Hund getötet hatte. Zu den Beteiligten zählte der Schmiedegeselle Eduard Stodtmeister, der später gemeinsam mit Wallmann verurteilt und in die USA verbannt wurde. Informationen über den Braumeister erhielten die Täter von dem Brauereiknecht Schönian. Wallmann war zu dieser Zeit mit Elisabeth, der Schwester eines Freundes Schönians, liiert. Die 24-Jährige brachte zwei Kinder von Wallmann zur Welt: eine Totgeburt und ein Kind, das wenige Wochen nach der Geburt verstarb.[1][3]

Nach dem Einbruch wurde Wallmann im Gefängnis in der Collegienstraße inhaftiert, einem erweiterten Studentenkarzer. Das zuständige Gericht befand sich in der nahegelegenen Amtsgasse. Durch die Prahlsucht von Elisabeths Bruder Friedrich und einen anonymen Hinweis gelang es, die Beteiligten zu überführen.[3]

Die Bande verübte weitere Einbrüche, unter anderem im Kloster Marienberg, beim Kaufmann Kirchof (Neumärker Straße 23), beim Zolleinnehmer Schneidewind im Helmstedter Zollhaus vor dem Magdeburger Tor und auf Gut Büstedt. Aus dem Gesundbrunnen in Bad Helmstedt entwendete Wallmann Lebensmittel; laut der Historikerin Mechthild Wiswe schenkte er seiner Großmutter aus dieser Beute einen Rehbraten. Ein Teil der Beute – vor allem Textilien – wurde später in einer Sandkuhle am Tangermühlenweg gefunden.[1][3]

Flucht und Gefangennahme

1841 gelang Wallmann die Flucht aus dem sogenannten Juleums-Gefängnis, einem von drei erfolgreichen Ausbrüchen. Während seiner Zeit im Untergrund hielt er sich unter anderem bei Rudolph Müller in Grafhorst, in Harbke und in der Alaunsiederei Koch (Elzweg/Steinbrecher-Straße in Helmstedt) auf. In Harbke lernte er die 17-jährige Friederike Bokelberg kennen, Tochter des Bäckermeisters Carl Bokelberg. Dessen Familie war offenbar in das Hehlergeschäft der Bande eingebunden. Friederike schloss sich Wallmann an und galt später als „Räuberbraut“. 1843 wurde Wallmann schließlich im Haus der Bokelbergs in Harbke verhaftet. Seine Haftbedingungen waren besonders streng: Er war ständig angekettet, seine Hände vereiterten durch die Fesselung mit einer Eisenstange, und nachts wurde er in eine Kiste eingeschlossen.[1][3]

Prozess und Verurteilung

In Wolfenbüttel stand Wallmann gemeinsam mit 53 weiteren Angeklagten vor Gericht. Gegenstand des Prozesses waren 126 Straftaten. Wallmann gestand sämtliche Taten und wurde zu 15 Jahren Zuchthaus verurteilt. Sein Mitstreiter Eduard Stodtmeister erhielt sechs Jahre und acht Monate. 1848 wurde Wallmann durch den Herzog begnadigt und nach Nordamerika abgeschoben. Über sein weiteres Schicksal ist nichts bekannt. Stodtmeister musste ebenfalls in die USA, wo er als Schmied zu Wohlstand kam, eine Deutsche aus Bockenem heiratete und 1866 noch einmal Helmstedt besuchte. Er starb 1873.[1][3]

Nachwirkung und Erinnerung

Die Figur des Räuberhauptmanns Rose blieb im kollektiven Gedächtnis der Region erhalten. Noch im 20. Jahrhundert wurde Kindern mit dem „Räuber Rose“ gedroht, wenn sie ungehorsam waren. Gleichzeitig hielt sich die Legende, er habe auch Gutes getan, etwa indem er armen Frauen half oder ihnen Geld schenkte. Historisch belegt ist dies jedoch nicht; laut Wiswe bestahlen sich die Mitglieder der Bande teils gegenseitig und auch andere Arme.[3]

Der nach Wallmann benannte, 18,1 km lange Wanderweg „Räuberhauptmann Rose-Rundweg“ im Lappwald führt zu verschiedenen Orten, an denen Rose Spuren hinterlassen haben soll. Auf Informationstafeln entlang der Strecke werden zudem Aspekte seines Lebens dargestellt.[2] Die Strecke führt von Harbke über Marienborn nach Sommerschenburg weiter nach Sommersdorf und zurück nach Harbke[4].

Literatur

  • Gunther Hirschligau: ... der Ehrlichste unter den Räubern und Dieben. Roman um den Räuberhauptmann Rose. Dr. Ziethen Verlag, Oschersleben 2002, ISBN 3-935358-52-0.
  • Joachim Lehrmann: Räuberbanden zwischen Harz und Weser. 1. Auflage 2004, S. 230–233, ISBN 3-9803642-4-0.
  • Hans-Ehrhard Müller: Helmstedt – die Geschichte einer deutschen Stadt. 2. Auflage 2004, S. 640–645.
  • Mechthild Wiswe: Soziale Realität und Mythos – Eine Helmstedter Einbrecherbande um 1840. In: Braunschweigisches Jahrbuch Band 74, S. 129–146, Braunschweig 1993.
  • Bernd Stephan: Geld oder Leben! Räuberbanden zwischen Harz, Oberlausitz und Erzgebirge. Verlag Bussert & Stadeler, Jena und Quedlinburg 2010, ISBN 978-3-942115-06-3.

Einzelnachweise

  1. a b c d e f g h Verena Mai: Dieser Mann machte einst den Helmstedter Lappwald unsicher. In: Braunschweiger Zeitung / Helmstedter Nachrichten. 1. Oktober 2025, abgerufen am 2. Oktober 2025.
  2. a b Thomas Kempernolte: RW28 Räuberhauptmann Rose-Rundweg. In: outdooractive.com. 8. August 2018, abgerufen am 2. Oktober 2025.
  3. a b c d e f g Verena Mai: Hier trieb Räuberhauptmann Rose in Helmstedt sein Unwesen. In: Braunschweiger Zeitung / Helmstedter Nachrichten. 17. Oktober 2025, abgerufen am 20. Oktober 2025.
  4. Räuberhauptmann-Rose-Rundwanderweg. Tourismusgemeinschaft Elm-Lappwald, archiviert vom Original (nicht mehr online verfügbar) am 1. Oktober 2022; abgerufen am 3. Oktober 2025.