Zuckerfabrik Königslutter
Zuckerfabrik Königslutter | |
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Rechtsform | AG |
Gründungsdatum | 1850–1998 |
Anschrift | Rottorfer Straße 1–3 38154 Königslutter am Elm |

Die Zuckerfabrik Königslutter war eine Zuckerrübenfabrik auf beiden Seiten der Rottorfer Straße in der Stadt Königslutter am Elm im Landkreis Helmstedt in Niedersachsen in Deutschland.
Geschichte
Bereits im November 1849 baten die Königslutteraner Kaufleute August Rühland und Hermann Jürgens bei der herzoglichen Domänenkammer in Braunschweig um die Erlaubnis, eine Rübenzuckerfabrik in Königslutter zu gründen.[1]
1850 nahm die Zuckerfabrik Königslutter C.S. Rühland, Jürgens & Co. mit einer Probekampagne, in der 250 Zentner Rüben verarbeitet wurden, ihren Betrieb auf. In den ersten Jahren war der Aktionär Amtsrat Cleve der größte Rübenlieferant. Anfangs bewirtschaftete die Fabrik eigene Felder. Innerhalb weniger Jahre stellten die Landwirte vermehrt auf Rübenanbau um. Voraussetzung war der Ausbau der Chausseestraßen, der den Transport der Rüben im Herbst erst ermöglichte.[1][2]
Nur sechs Jahre später, 1856, gründeten 70 Aktionäre eine zweite Zuckerfabrik in Königslutter: die Aktien-Zuckerfabrik Königslutter. Während bei kontinuierlicher Steigerung die Rühlandische Fabrik stets etwa 5.000 t mehr verarbeiten konnte, lag die Aktien-Zuckerfabrik Königslutter verkehrsgünstiger. Bereits 1872, nach der Öffnung der Bahnstrecke Helmstedt–Braunschweig, erhielt sie ein eigenes Anschlussgleis. Ebenso wichtig wie die beständige Steigerung der Verarbeitung war das Vertrauen der Aktionäre in ihre Fabriken. Besonders deutlich wurde das in den beiden Kampagnen der Rühländischen Zuckerfabrik von 1917 bis 1919.[1]
Nach zwei Negativergebnissen in Folge, verursacht durch Kohlemangel in der einen Kampagne und einen vierwöchigen Maschinenschaden in der anderen, liquidierten die Aktionare die Fabrik kurzer Hand. Die Fabrik lief dennoch aut Probe weiter und wurde 1920 neu gegründet. Im gleichen Jahr erhielt auch sie einen eigenen Bahnanschluss. Damit war der Standortvorteil der Aktien-Zuckertabrik aufgehoben.[1]
Überlegungen über eine Fusion gab es lange, sprach doch vieles dafür. 1929 erfolgte der Beschluss, die Rühländische Zuckerfabrik, die bereits 1872 in Zuckerfabrik Königslutter AG umbenannt worden war, als die technisch modernere und kapazitätsstärkere weiter auszubauen und die Aktien-Zuckerfabrik am Bahnhof zu schließen. Die durchschnittliche Tagesverarbeitung stieg auf 690 t. Bis 1996 konnte sie auf 7200 t gesteigert werden. 1930 erwarb die Fabrik das Rühländische Gut, von dem sie praktisch umschlossen war.[1][2][3]
Während eines Bombenangriffs im Januar 1944 wurden nicht nur Rübenkeller, Anschlussgleis und Kesselhaus zerstört. Schwerwiegender war der Tod von sieben Mitarbeitenden. Der Wiederaufbau ab 1949 war ein Kraftakt und erforderte großes Vertrauen der Rübenlieferanten und Aktionäre, die ihr Rübengeld der Fabrik als Darlehen zur Verfügung stellten, um die Erneuerung von Dampfturbine, Kesselhaus und Kalkofen zu finanzieren. 1951 folgte die Umstellung auf Weißzucker mit der Abgabe von 500-Gramm- und Ein-Kilogramm-Packungen. Den Verkauf übernahm ab 1965 die Norddeutsche Zucker GmbH.[1]
Trotz der positiven Entwicklung auf dem Zuckermarkt nach dem Krieg nahm der Konkurrenzdruck weiter zu und förderte Zusammenschlüsse der norddeutschen Zuckergesellschaften. Bereits 1925 übernahm Königslutter die Rübenlieferungen der Zuckerfabrik Trendelbusch. Ihre Blättertrocknung kam nach Königslutter, wurde 1957 aufgekauft und geschlossen. Im gleichen Jahr übernahmen die Zuckerfabriken in Königslutter, Schöppenstedt und Watenstedt je zu einem Drittel die Zuckerfabrik in Söllingen, die wegen Auslastungschwierigkeiten schließen musste.[1]
1972 erfolgte die Fusion mit der Zuckerfabrik Watenstedt, die 1975 stillgelegt wurde und schließlich fusionierten 1985 die Aktien-Zuckerfabrik Twülpstedt in Klein Twülpstedt und Königslutter. Nur fünf Jahre später wurde die Aktien-Zuckerfabrik Twülpstedt geschlossen. Erst 1992 schloss sich die Königslutter-Twülpstedt AG der Zucker-Aktiengesellschaft Uelzen-Braunschweig an. Zeitgleich wurden die Rübenannahmestellen der Zuckerfabrik Watenstedt in Watenstedt und der Aktien-Zuckerfabrik Twülpstedt in Klein Twülpstedt geschlossen.[1]
1998 endete mit der Stilllegung der Zuckerfabrik die lange Geschichte der Zuckerfabrikation in Königslutter am Elm. In diesem Jahr lief die letzte Rübenkampagne in der Zuckerfabrik Königslutter und die Zuckersilos auf dem großen Gelände auf beiden Seiten der Rottorfer Straße wurden letztmals gefüllt. Im Jahr 2000 begann der Abriss der Fabrik und sämtlicher Werksanlagen, ehe das Gelände östlich der Rottorfer Straße für die Bebauung vorbereitet wurde. Seit Anfang Mai 2004 liefen umfangreiche Erschließungsarbeiten für das Baugebiet Driebenberg, in dem insgesamt rund 120 Bauplätze entstanden. Damit wurde dort ein neuer Stadtteil geschaffen. Im ersten Bauabschnitt wurden 41 Bauplätze zur Verfügung gestellt. Die restlichen 35 Grundstücke folgten etwa Mitte August. Die Grundstücke haben eine Größe von 499 bis 1087 m². Heute erinnern Straßennamen wie An der Zuckerfabrik, Kesselhaus, Rübenberg, Rübenhof, Rübenwaage und Siloblick an das frühere Fabrikgelände, dass sich als Wohn- und Gewerbegebiet in das heutige Stadtbild integriert.[1][4][5]
Einzelnachweise
- ↑ Hochspringen nach: a b c d e f g h i Standortvorteil Bahnanschluss – In Königslutter arbeiteten 73 Jahre lang zwei Zuckerfabriken. In: Nordzucker – Akzente – Oktober 2008 – Neues aus der Nordzucker-Welt. Oktober 2008, S. 30–31, abgerufen am 9. März 2025 (deutsch).
- ↑ Hochspringen nach: a b Zuckerfabrik zu Königslutter vorm. Aug. Rühland & Co. AG. HWPH Historisches Wertpapierhaus AG, abgerufen am 9. März 2025 (deutsch).
- ↑ 125 Jahre Zuckerfabrik Königslutter 1850 - 1975. DWA Live, abgerufen am 9. März 2025 (deutsch).
- ↑ Themen, die die Leserschaft beschäftigten – Teil 3: Die Nachnutzung des Zuckerfabrikgeländes wurde im Königslutteraner Stadtrat besonders intensiv diskutiert. In: Helmstedter Sonntag Sonderheft 25 Jahre Nachrichten … und Geschichten aus der Heimat, S. 10. 2. März 2025
- ↑ Norbert Rogoll: Fabrikgelände wird neuer Stadtteil. In: Braunschweiger Zeitung. 25. Juni 2004, abgerufen am 9. März 2025 (deutsch).