Hampe Kammgarnspinnerei: Unterschied zwischen den Versionen

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{{Infobox_Unternehmen
| Name            = Hampe Kammgarnspinnerei
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Die '''Kammgarnspinnerei Hampe''' (kurz ''Spinnerei Hampe'', im Volksmund heute ''Alte Spinnerei'') war eine Garnhandlung und Spinnerei in [[Helmstedt]].  
Die '''Kammgarnspinnerei Hampe''' (kurz ''Spinnerei Hampe'', im Volksmund heute ''Alte Spinnerei'') war eine Garnhandlung und Spinnerei in [[Helmstedt]].  


== Geschichte ==
== Geschichte ==
Die Kammgarnspinnerei Wilhelm Hampe jun. in [[Helmstedt]] ist aus einer alten Garnhandlung hervorgegangen, die [[Wilhelm Hampe]] 1823 dort gründete. 1866 übernahm der Sohn gleichen Namens das väterliche Geschäft unter der neuen Firma [[Wilhelm Hampe jun.]] Wie der Vater, so ließ auch der Sohn einen großen Teil seines Bedarfes anderweitig spinnen, indem er selbst eingekaufte Wolle in bereits bestehenden Spinnereien verarbeiten ließ. Im Jahre 1879 ging er zur eigenen Fabrikation über; er kaufte die Einrichtung einer sächsischen Fabrik und errichtete in Helmstedt eine kleine Strickgarnspinnerei mit etwa 20 Arbeiterinnen. Sowohl die Meister als auch die Arbeiterinnen wurden aus Sachsen beschafft. Die Fabrikate fanden Absatz, die Produktion konnte allmählich gesteigert werden. Das junge Unternehmen entwickelte sich in den ersten zehn Jahren zufriedenstellend.<ref name="Die Industrieen des Herzogthums Braunschweig">Dr. Richard Bettgenhaeuser: [http://rzbl04.biblio.etc.tu-bs.de:8080/docportal/servlets/MCRFileNodeServlet/DocPortal_derivate_00007588/2224-1478.pdf;jsessionid=6B5B068F852CA0464DEFEA901170DC08 ''Die Industrieen des Herzogthums Braunschweig. 1. Theil''], Seite 64–65, (Website der [http://www.tu-braunschweig.de TU Braunschweig], 28. Dezember 2010).</ref>
Die Kammgarnspinnerei Hampe hat ihren Ursprung in einer Garnhandlung, die [[Wilhelm Hampe]] im Jahr [[1823]] gründete. Im Jahr [[1866]] übernahm sein Sohn, ebenfalls Wilhelm Hampe genannt, das väterliche Geschäft unter dem Namen [[Wilhelm Hampe jun.]]. Wie bereits sein Vater ließ auch er einen Großteil des Wollebedarfs in bestehenden Spinnereien verarbeiten.


1892 übernahmen [[Robert Hampe|Robert]] und [[Hans Hampe]] (alleiniger Disponent und Zeichner der Firma Rob. Hampe) die Fabrik und richteten sie teilweise neu ein. Es wurden neue Maschinen aufgestellt, veraltete durch neue ersetzt. Hierdurch wurde es möglich, ein vollkommeneres und zugleich billigeres Fabrikat herzustellen. Die Produktion wurde gleichzeitig erheblich gesteigert, die Zahl der Arbeiter und Arbeiterinnen erhöht, - sie beläuft sich 1899 etwa auf 90 - und das Absatzgebiet erweiterte sich, besonders in den letzten Jahren, bedeutend. Während die Firma früher nur mit einigen Großhandelshäusern in Berlin arbeitete, erstreckte sich der Kreis der Abnehmer zu dieser Zeit über ganz Deutschland und war nicht mehr auf Großhändler beschränkt.<ref name="Die Industrieen des Herzogthums Braunschweig"/>
Im Jahr [[1879]] begann das Unternehmen mit der eigenen Produktion. Zu diesem Zweck erwarb [[Wilhelm Hampe jun.]] die Ausstattung einer sächsischen Spinnerei und errichtete in [[Helmstedt]] eine kleine Strickgarnspinnerei mit etwa 20 Arbeiterinnen. Das Fachpersonal wurde ebenfalls aus Sachsen angeworben. Die Produkte fanden Absatz, die Produktion konnte schrittweise gesteigert werden. In den ersten zehn Jahren entwickelte sich das Unternehmen zufriedenstellend.<ref name="Die Industrieen des Herzogthums Braunschweig">Dr. Richard Bettgenhaeuser: [http://rzbl04.biblio.etc.tu-bs.de:8080/docportal/servlets/MCRFileNodeServlet/DocPortal_derivate_00007588/2224-1478.pdf;jsessionid=6B5B068F852CA0464DEFEA901170DC08 ''Die Industrieen des Herzogthums Braunschweig. 1. Theil''], Seite 64–65, (Website der [http://www.tu-braunschweig.de TU Braunschweig], 28. Dezember 2010).</ref>


In den folgenden Jahren hatte sich die Konkurrenz durch Gründung neuer Spinnereien (insqesondere Aktiengesellschaften) außerordentlich vermehrt. Die Folge dieses verstärkten Angebotes war ein starker Rückgang der Preise. Ein Teil der in der Fabrik von Wilhelm Hampe jun. beschäftigten Arbeiterinnen waren Polinnen, die vielfach im Sommer auf den Domänen der Umgebung arbeiteten und deren männliche Verwandte in den Kohlenbergwerken beschäftigt waren.<ref name="Die Industrieen des Herzogthums Braunschweig"/>
Im Jahr [[1892]] übernahmen [[Robert Hampe|Robert]] und [[Hans Hampe]] die Leitung der Spinnerei. Hans Hampe war als alleiniger Disponent und Zeichner unter dem Namen Rob. Hampe tätig. Die Fabrik wurde teilweise neu ausgestattet, moderne Maschinen wurden installiert und ältere ersetzt. Dadurch konnte die Produktqualität verbessert und gleichzeitig die Herstellungskosten gesenkt werden. Die Produktionsmenge nahm deutlich zu, die Zahl der Beschäftigten stieg bis zum Jahr [[1899]] auf etwa 90 Personen an. Das Absatzgebiet weitete sich erheblich aus. Während sich der Kundenkreis zuvor auf einige Großhandelshäuser in Berlin beschränkte, wurde nun ganz Deutschland beliefert, darunter auch kleinere Abnehmer.<ref name="Die Industrieen des Herzogthums Braunschweig"/>


Das architektonisch herausragende ''Chilehaus'' an der [[Albrechtstraße]], das Hauptproduktionsgebäude der Spinnerei zur Fertigung von Maschinengarn, wurde 1927 erbaut und 1970 – im Zuge der Verlegung des Unternehmen – abgerissen.<ref>[[Robert Schaper]]: ''Helmstedt in alten Ansichten Band 2.'' Europäische Bibliotheek, Zaltbommel,<!-- ISBN 9028848363,--> Nr. 35.</ref> Der Umzug waren aus Produktions- und Kapazitätsgründen nötig geworden. Es war kein ausreichender Platz mehr auf dem alten Gelände, die Produktion war zudem auf drei Etagen verteilt, das machte komplizierte Wege in den Arbeitsabläufen erforderlich. Die Arbeitsbedingungen für die meisten der etwa 300 Mitarbeiter sind heute kaum mehr vorstellbar. Es war heiß und stickig in den Fertigungsräumen mit ihren niedrigen Decken. Weil eine bestimmte Temperatur und Luftfeuchtigkeit für die Garnspinnerei benötigt wurde, durfte nicht gelüftet werden. Die Färberei stellte zudem eine Umweltbelastung dar. Heißes Wasser und die Säuren und Laugen wurden direkt in die Kanalisation eingeleitet. Über den Faulen Bach sei diese Brühe zum Teil oberirdisch in Richtung Kläranlage geflossen - heute undenkbar. Mit zwei Dampfgeneratoren erzeugte die Spinnerei ihren eigenen Strom. "Wenn die Vibration zu stark wurde, sind beim Schlachter gegenüber die Kacheln von der Wand gefallen", beschreibt ein Zeitzeuge die Auswirkungen des Spinnereibetriebs auf die Nachbarschaft.<ref name="Männer strickten für „Die Masche“">Michael Strohmann: ''Männer strickten für „Die Masche“'', (Ausgabe der Braunschweiger Zeitung/Helmstedter Nachrichten, 13. Februar 2010).</ref>
In den folgenden Jahren verschärfte sich die Wettbewerbssituation durch die Gründung zahlreicher neuer Spinnereien, insbesondere in Form von Aktiengesellschaften. Das gestiegene Angebot führte zu einem Preisverfall. Ein Teil der Beschäftigten waren polnische Saisonarbeiterinnen, die im Sommer auf umliegenden Domänen tätig waren. Deren männliche Angehörige arbeiteten häufig im Kohlebergbau.<ref name="Die Industrieen des Herzogthums Braunschweig"/>


Zwei Schornsteine bildeten den Mittelpunkt der Spinnerei, die 1972/1973 ''auf die grüne Wiese'' am [[Bahnhof Emmerstedt|Emmerstedter Bahnhof]] (an der heutigen Westumgehung) ausgesiedelt wurde.<ref>[[Robert Schaper]]: ''Helmstedt in alten Ansichten Band 1.'' Europäische Bibliotheek, Zaltbommel,<!-- ISBN 9028848363,--> Nr. 42.</ref> Als 1973 der Hampe-Schornstein gesprengt wurde und zu Boden stürzte, breitete sich eine große Staubwolke aus und verhüllte für einige Momente sogar den Turm des [[Juleum]]s. Der Schornstein trug als weithin sichtbares Erkennungsmerkmal der Stadt den Spitznamen ''Hampesche Zigarre''.<ref name="Fotograf entdeckt alten Film von der Schornstein-Sprengung">Helmstedter Nachrichten, [http://www.newsclick.de/index.jsp/menuid/2161/artid/11141213 ''Fotograf entdeckt alten Film von der Schornstein-Sprengung''], (Website der [http://www.newsclick.de Braunschweiger Zeitung], 22. Oktober 2009).</ref>
Am 21. Oktober [[1960]] wurde am [[Heinrichsplatz]] ein Brunnen eingeweiht, den die Kammgarnspinnerei Hampe aus Anlass ihres 175-jährigen Firmenjubiläums der Stadt Helmstedt schenkte<ref>{{Internetquelle |url=https://www.braunschweiger-zeitung.de/helmstedt/article151967881/Spinnerei-Brunnen-auf-dem-Heinrichsplatz-wird-saniert.html |titel=Spinnerei-Brunnen auf dem Heinrichsplatz wird saniert |werk=Braunschweiger Zeitung |datum=2015-08-01 |abruf=2025-05-19}}</ref>.


Etwa 1992/1993 meldete das Unternehmen Insolvenz an<ref name="Männer strickten für „Die Masche“">Michael Strohmann: ''Männer strickten für „Die Masche“'', (Ausgabe der Braunschweiger Zeitung/Helmstedter Nachrichten, 13. Februar 2010).</ref> und stellte im Sommer 1993 die Produktion ein.
Ein markantes Produktionsgebäude war das sogenannte [[Chilehaus]] an der [[Albrechtstraße]], das [[1927]] als Hauptgebäude für die Maschinengarnfertigung errichtet wurde. Aufgrund von Produktions- und Kapazitätsengpässen erfolgte [[1970]] der Abriss des Gebäudes im Zuge der Verlegung des Unternehmens.<ref>[[Robert Schaper]]: ''Helmstedt in alten Ansichten Band 2.'' Europäische Bibliotheek, Zaltbommel,<!-- ISBN 9028848363,--> Nr. 35.</ref> Am bisherigen Standort war nicht mehr ausreichend Platz vorhanden, zudem erschwerten die auf drei Etagen verteilten Arbeitsbereiche die Abläufe erheblich. Die Arbeitsbedingungen für die meisten der etwa 300 Mitarbeitenden galten bereits damals als schwierig: In den Fertigungsräumen mit niedrigen Decken herrschten hohe Temperaturen und schlechte Luftzirkulation. Die notwendige konstante Temperatur und Luftfeuchtigkeit machten regelmäßiges Lüften unmöglich. Die Färberei verursachte zusätzliche Umweltbelastungen, da heißes Wasser sowie chemische Rückstände direkt in die Kanalisation eingeleitet wurden. Über den [[Faulen Bach]] gelangten diese teilweise offen bis zur Kläranlage – aus heutiger Sicht nicht mehr vorstellbar. Die Energieversorgung der Spinnerei erfolgte über zwei eigene Dampfgeneratoren. Laut Zeitzeugen führten deren Vibrationen in der Umgebung zu baulichen Schäden, etwa dem Abfallen von Wandkacheln in benachbarten Gebäuden.<ref name="Männer strickten für „Die Masche“">Michael Strohmann: ''Männer strickten für „Die Masche“'', (Ausgabe der Braunschweiger Zeitung/Helmstedter Nachrichten, 13. Februar 2010).</ref>


== Weblink ==
Zwei Schornsteine prägten das Erscheinungsbild der Spinnerei, die [[1972]]/[[1973]] an einen neuen Standort nahe dem [[Emmerstedter Bahnhof]] (heutige [[Bundesstraße 244|Westumgehung]]) verlegt wurde.<ref>[[Robert Schaper]]: ''Helmstedt in alten Ansichten Band 1.'' Europäische Bibliotheek, Zaltbommel,<!-- ISBN 9028848363,--> Nr. 42.</ref> Mit der Sprengung des Hampe-Schornsteins im Jahr [[1973]] ging ein weithin sichtbares Wahrzeichen der Stadt verloren. Beim Einsturz des Bauwerks entstand eine große Staubwolke, die vorübergehend sogar den [[Juleumsturm]] verhüllte. Der Schornstein war unter dem Namen „Hampesche Zigarre“ bekannt.<ref>{{Internetquelle |url=https://www.braunschweiger-zeitung.de/helmstedt/article150142982/Fotograf-entdeckt-alten-Film-von-der-Schornstein-Sprengung.html |titel=Fotograf entdeckt alten Film von der Schornstein-Sprengung |autor=Michael Strohmann |werk=Braunschweiger Zeitung |datum=2009-10-21 |abruf=2025-05-19}}</ref>
* [http://www.linne.magix.net/#/alle-alben/!/oa/5780197-54745319/ Video von der Sprengung der ''Hampeschen Zigarre'' (1973)]
 
In den Jahren [[1992]]/[[1993]] meldete das Unternehmen Insolvenz an.<ref name="Männer strickten für „Die Masche“">Michael Strohmann: ''Männer strickten für „Die Masche“'', (Ausgabe der Braunschweiger Zeitung/Helmstedter Nachrichten, 13. Februar 2010).</ref> Die Produktion wurde im Sommer 1993 eingestellt.
 
== Weblinks ==
* [https://youtu.be/zcrswXw8j-Q ''Helmstedt Spinnerei Hampe Sprengung des Schornsteins 1973''] Video bei YouTube


== Einzelnachweis ==
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[[Kategorie:Ehemaliges Unternehmen (Helmstedt)]]
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[[Kategorie:Gegründet 1823]]
[[Kategorie:Aufgelöst 1993]]

Aktuelle Version vom 10. September 2025, 17:48 Uhr

Hampe Kammgarnspinnerei

Rechtsform GmbH
Gründung 18231993
Leitung Wilhelm Hampe (18231866), Wilhelm Hampe jun. (18661892), Robert und Hans Hampe (1892–?)
Branche Textilindustrie
Anschrift Helmstedt

Die Kammgarnspinnerei Hampe (kurz Spinnerei Hampe, im Volksmund heute Alte Spinnerei) war eine Garnhandlung und Spinnerei in Helmstedt.

Geschichte

Die Kammgarnspinnerei Hampe hat ihren Ursprung in einer Garnhandlung, die Wilhelm Hampe im Jahr 1823 gründete. Im Jahr 1866 übernahm sein Sohn, ebenfalls Wilhelm Hampe genannt, das väterliche Geschäft unter dem Namen Wilhelm Hampe jun.. Wie bereits sein Vater ließ auch er einen Großteil des Wollebedarfs in bestehenden Spinnereien verarbeiten.

Im Jahr 1879 begann das Unternehmen mit der eigenen Produktion. Zu diesem Zweck erwarb Wilhelm Hampe jun. die Ausstattung einer sächsischen Spinnerei und errichtete in Helmstedt eine kleine Strickgarnspinnerei mit etwa 20 Arbeiterinnen. Das Fachpersonal wurde ebenfalls aus Sachsen angeworben. Die Produkte fanden Absatz, die Produktion konnte schrittweise gesteigert werden. In den ersten zehn Jahren entwickelte sich das Unternehmen zufriedenstellend.[1]

Im Jahr 1892 übernahmen Robert und Hans Hampe die Leitung der Spinnerei. Hans Hampe war als alleiniger Disponent und Zeichner unter dem Namen Rob. Hampe tätig. Die Fabrik wurde teilweise neu ausgestattet, moderne Maschinen wurden installiert und ältere ersetzt. Dadurch konnte die Produktqualität verbessert und gleichzeitig die Herstellungskosten gesenkt werden. Die Produktionsmenge nahm deutlich zu, die Zahl der Beschäftigten stieg bis zum Jahr 1899 auf etwa 90 Personen an. Das Absatzgebiet weitete sich erheblich aus. Während sich der Kundenkreis zuvor auf einige Großhandelshäuser in Berlin beschränkte, wurde nun ganz Deutschland beliefert, darunter auch kleinere Abnehmer.[1]

In den folgenden Jahren verschärfte sich die Wettbewerbssituation durch die Gründung zahlreicher neuer Spinnereien, insbesondere in Form von Aktiengesellschaften. Das gestiegene Angebot führte zu einem Preisverfall. Ein Teil der Beschäftigten waren polnische Saisonarbeiterinnen, die im Sommer auf umliegenden Domänen tätig waren. Deren männliche Angehörige arbeiteten häufig im Kohlebergbau.[1]

Am 21. Oktober 1960 wurde am Heinrichsplatz ein Brunnen eingeweiht, den die Kammgarnspinnerei Hampe aus Anlass ihres 175-jährigen Firmenjubiläums der Stadt Helmstedt schenkte[2].

Ein markantes Produktionsgebäude war das sogenannte Chilehaus an der Albrechtstraße, das 1927 als Hauptgebäude für die Maschinengarnfertigung errichtet wurde. Aufgrund von Produktions- und Kapazitätsengpässen erfolgte 1970 der Abriss des Gebäudes im Zuge der Verlegung des Unternehmens.[3] Am bisherigen Standort war nicht mehr ausreichend Platz vorhanden, zudem erschwerten die auf drei Etagen verteilten Arbeitsbereiche die Abläufe erheblich. Die Arbeitsbedingungen für die meisten der etwa 300 Mitarbeitenden galten bereits damals als schwierig: In den Fertigungsräumen mit niedrigen Decken herrschten hohe Temperaturen und schlechte Luftzirkulation. Die notwendige konstante Temperatur und Luftfeuchtigkeit machten regelmäßiges Lüften unmöglich. Die Färberei verursachte zusätzliche Umweltbelastungen, da heißes Wasser sowie chemische Rückstände direkt in die Kanalisation eingeleitet wurden. Über den Faulen Bach gelangten diese teilweise offen bis zur Kläranlage – aus heutiger Sicht nicht mehr vorstellbar. Die Energieversorgung der Spinnerei erfolgte über zwei eigene Dampfgeneratoren. Laut Zeitzeugen führten deren Vibrationen in der Umgebung zu baulichen Schäden, etwa dem Abfallen von Wandkacheln in benachbarten Gebäuden.[4]

Zwei Schornsteine prägten das Erscheinungsbild der Spinnerei, die 1972/1973 an einen neuen Standort nahe dem Emmerstedter Bahnhof (heutige Westumgehung) verlegt wurde.[5] Mit der Sprengung des Hampe-Schornsteins im Jahr 1973 ging ein weithin sichtbares Wahrzeichen der Stadt verloren. Beim Einsturz des Bauwerks entstand eine große Staubwolke, die vorübergehend sogar den Juleumsturm verhüllte. Der Schornstein war unter dem Namen „Hampesche Zigarre“ bekannt.[6]

In den Jahren 1992/1993 meldete das Unternehmen Insolvenz an.[4] Die Produktion wurde im Sommer 1993 eingestellt.

Weblinks

Einzelnachweis

  1. a b c Dr. Richard Bettgenhaeuser: Die Industrieen des Herzogthums Braunschweig. 1. Theil, Seite 64–65, (Website der TU Braunschweig, 28. Dezember 2010).
  2. Spinnerei-Brunnen auf dem Heinrichsplatz wird saniert. In: Braunschweiger Zeitung. 1. August 2015, abgerufen am 19. Mai 2025.
  3. Robert Schaper: Helmstedt in alten Ansichten Band 2. Europäische Bibliotheek, Zaltbommel, Nr. 35.
  4. a b Michael Strohmann: Männer strickten für „Die Masche“, (Ausgabe der Braunschweiger Zeitung/Helmstedter Nachrichten, 13. Februar 2010).
  5. Robert Schaper: Helmstedt in alten Ansichten Band 1. Europäische Bibliotheek, Zaltbommel, Nr. 42.
  6. Michael Strohmann: Fotograf entdeckt alten Film von der Schornstein-Sprengung. In: Braunschweiger Zeitung. 21. Oktober 2009, abgerufen am 19. Mai 2025.