Wahrstedt: Unterschied zwischen den Versionen
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Version vom 21. Januar 2012, 12:25 Uhr
Wahrstedt Gemeinde Velpke
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Koordinaten | 52° 25′ N, 10° 58′ O52.41242910.97366766Koordinaten: 52° 24′ 45″ N, 10° 58′ 25″ O |
Höhe | 66 m ü. NN |
Einwohner | 487 (31. Dez. 2008) |
Vorwahl | 05364 |
Wahrstedt ist ein Ortsteil der Gemeinde Velpke im Landkreis Helmstedt. Wahrstedt liegt an der Bundesstraße 188 an der Landesgrenze zu Sachsen-Anhalt. Durch Wahrstedt fließen die beiden Bäche Katharinenbach und Schaumburgriede, die nach wenigen Kilometern in die Aller münden. Wahrstedt hat ein aktives Vereinsleben. Vor allem der SuS Wahrstedt als Sportverein und die Freiwillige Feuerwehr bieten viele Aktionen, die das Zusammenleben im Dorf erhalten und fördern. Im Dorf befindet sich die St.-Petri-Kirche.
Chronik
Ein Ort Namens "Wastede" wird erstmals 1084 erwähnt, wo von dem Kloster Humsburg die Rede ist. "Wastede" soll im Besitztum dieses Klosters gewesen sein (unklar ist, ob es sich hier um unser Wahrstedt handelt!?). Die nächste Erwähnung von Wahrstedt findet man um 1400 in einem aufgestellten Namensverzeichnis des Bistums Halberstadt mit dem Namen "Wastede". Die eigentliche Gründung des Ortes dürfte aber sehr viel früher gewesen sein. Waffen- und Gerätefunde aus Feuerstein bezeugen, daß lange vor der ersten urkundlichen Erwähnung in dieser Gegend Menschen gelebt haben.
Zur Zeit Christi, also vor etwa 2000 Jahren, ließen sich in unserer Gegend bardische Siedler nieder. Im Nordosten Niedersachsens entstand der Bardengau mit seiner Hauptstadt Bardowick. Einige dieser Siedler vom Stamm der Warnen zogen bis in unsere Gegend und gründeten unter anderem den Ort Wahrstedt. Auch die Gründung der Orte wie Warendorf, Waren (Mecklenburg) gehen auf diesen Stamm zurück. Erst ca. 500 Jahre später wurde von wendischen Siedlern der Ort Velpke gegründet. Noch heute erkennt man an der unterschiedlichen Siedlungsform der Höfe deren Herkunft. Velpke, ein ehemaliges wendisches Rundlingsdorf, was besonders deutlich am Marktplatz in Velpke zu erkennen ist, und Wahrstedt als langgezogenes Straßendorf. Die Höfe der wendischen Siedlungen hatten ihre Dielentore vornehmlich in der Giebelfront, während die Wahrstedter Höfe vornehmlich ihre Dielentore in der Längsseite der Häuser haben. Im Laufe der Jahrhunderte haben sich diese Unterschiede mehr und mehr verwischt, sind aber bei genauer Betrachtung noch heute teilweise zu erkennen. Auch die Sprache beider Orte war vor ca. 2000 Jahren sehr unterschiedlich, die Verständigung untereinander sehr schwer.
Von Wald umgeben lag das Dörfchen in alter Zeit zwischen Oebisfelde und Velpke. In Anlehnung an den Ortsnamen lebten hier um 1400 das Ministerialgeschlecht der v. Wastede. Aus dieser Zeit auch die erste urkundliche Erwähnung Wahrstedts mit Wastede. Von 1400 an gehörte das Dorf dem Bischof von Halberstadt. Im Jahre 1477 tauchte eine neue Form des Namen auf. Man nannte Wahrstedt nun Wahrstidde. Eine andere Herleitung des Namens Wahrstidde ergibt sich aus der landschaftlichen Charakteristik unser Umgebung. Man erklärt sich den Namen auch daher, daß man auf einer Anhöhe (heute die Kirche) einen Turm baute, um einen angreifenden Feind besser zu beobachten (eine Stätte zum Wahrnehmen. (Plattdeutsch: Stidde taun Wahrnehmen, Wahrstidde).
Die Bauernsiedlung Wahrstedt wird von 1400 - 1629 Eigentum der Dynastie Oebisfelde. Diese verkaufte das Dorf 1629 an den Freiherrn Spiegel zu Pickelheim auf Seggerde. Dieses war zur Zeit des 30-jährigen Krieges. In dieser Zeit fielen die Schweden in Wahrstedt ein. Erzählt wird von ihnen, sie hätten sogar einen Trauerzug im Dorfe überfallen. Die Verbrennung der alten Kirchenbücher gibt einen Beweis über das Wüten der Horden und dem Elend der Bevölkerung in dieser Zeit. Als Frieden geschlossen wurde und Deutschland in viele kleine Staaten zerfiel, ging die preußisch/braunschweigische Landesgrenze mitten durch das Dorf. Wo heute das Haus Nr.10 (gegenüber der Kirche) steht, sperrte ein großer Schlagbaum die Straße. Hier wurde jeder Durchgang verzollt. Büstedt (Bucstadin, Bistedi 1084, Bustede) war ein Dorf, dessen wechselvolle Geschichte eng mit der von Wahrstedt verbunden ist. So wechselte der Ort mehrfach den Besitzer. Hier entstand im 15.Jahrh. das Gericht und Rittergut Büstedt. Vom Gerichtswesen her stammt der Flurname Galgenbreite. Die auf diesem Flurstück erstellten Galgen dienten der Justiz gleich als Möglichkeit, die zum Tode Verurteilten zu erhängen. Das Gutsgebäude stammt aus dem 16. Jahrhundert. Nach mehrmaligem Eigentümerwechsel gelang das Gut durch Erbschaft in die Hände Generalmajor Karl Hartwig von Bibow. Er übernahm am 1. September 1763 das Gut. Er war es auch, der der Wahrstedter Kirche 1764 den Kirchturm aufsetzte. In der Kirche erinnern 3 Grabmale an die damaligen Eigentümer. Das Prunkstück der, bereits im Jahr 1568 erbauten Wahrstedter Kirche bildet der Altar mit seinen geschnitzten Holzfiguren. Der Altar stammt aus dem Jahr 1678, während die Holzfiguren älter sind.
Nach dem Tode Bibows saß der berühmte Adelige von Plessen auf dem Rittergut. Die sterblichen Überreste dieser Familien lagen in Steinsärgen eingebettet in einem Grabgewölbe an der Nordseite der Kirche. Diese wurden allerdings mit dem Einbau eines Öllagers in diese Räume ins Erdreich umgebettet. 1812 fielen Franzosen über Wahrstedt her. Eine Geschichte aus dieser Zeit erzählt, daß auf der Däle des Hauses Nr. 11 große Tücher ausgebreitet werden mussten. Darauf wurde den Franzosen Pellkartoffeln und Öl vorgesetzt. Verheerende Brände brachen 1874 in Wahrstedt aus. Am 01. Oktober 1874 brannte der Hof von Bauer Wilhelm Buchmüller vollständig ab. Eine Geschichte aus dieser Zeit erzählt, das Bauer Wilhelm Buchmüller an drei verschiedenen Stellen Summen von 20 Talern, 40 Talern und 150 Talern Silbergeld aufbewahrte. Als man diese gefunden hatte, waren die Münzen geschmolzen. Ein zweiter Brand brach im selben Jahr beim Bauern Stautmeister aus. Dieser Brand wütete drei Tage und äscherte sämtliche Stallungen und Wohngebäude völlig ein. Ein dritter Brand im Jahre 1889 zerstörte das Wohngebäude von Bauer Müller. Eine gepflegte Sitte zu damaliger Zeit war das Pflanzen eines Eichenbäumchens nach der Geburt eines Jungen. Viele Eichenbäume schmückten in dieser Zeit die Grundstücke Wahrstedts. Aus dieser Zeit heraus ist es vielleicht erklärbar, das Wahrstedt schon immer reichlich eingegrünt war. Das Aussehen Wahrstedts änderte sich im Laufe der Zeit erheblich. Vor noch gut 100 Jahren war eine Sandkuhle dort, wo heute das Haus Nr. 13 steht. Die Straße führte zu der Zeit an der Schule vorbei in Richtung Oebisfelde. An dieser Straße stand der „Alte Krug", eine ehemalige Gaststätte. Hier kehrten die Fuhrleute ein, die aus den Velpker Sandsteinbrüchen den berühmten „Velpker Sandstein" auseinander fuhren, und tranken die begehrte Braunschweiger Mumme. Zu diesen Steinfahrern gehörten zum großen Teil auch Wahrstedter Bauern, die sich mit diesem Fuhrbetrieb ein Zubrot verdienten.
Mitte des 19. Jahrhunderts wurden die Bauern von den Frondiensten befreit. Bis dahin musste jeder Bauer zweimal in der Woche nach Büstedt und auf dem Gut Gespanndienste leisten. Jeden zehnten Teil der Ernte beanspruchte damals der Gutsherr. Im Jahre 1895 wurde die Eisenbahnstrecke Oebisfelde-Helmstedt in Betrieb genommen. Wahrstedt bekam einen eigenen Bahnhof. Da in Velpke die Bahn erst 5 Jahre später erstellt wurde, legte man einen Schienenstrang von Wahrstedt nach Velpke, um den begehrten Velpker Sandstein in Velpke besser verladen zu können. Die Strecke Oebisfelde-Helmstedt wurde 1946 stillgelegt und der Bahnhof somit dem Verfall preisgegeben.
Eng mit der Geschichte des Bahn ist das Schicksal der Gaststätte „Zur Eisenbahn" verbunden. Für den Betreiber der Gaststätte, Karl Stautmeister, war mit dem Ende der Eisenbahnzeit in Wahrstedt auch das Ende seines Gasthauses abzusehen. 1961 schloss die Gaststätte Stautmeister endgültig ihre Pforten.
Im Jahr 1913 wurde das Schulgebäude gebaut, in der bis 1980 unterrichtet wurde. Fast alle einheimischen Wahrstedter können sich sicher an den Klassenraum erinnern, der alle Jahrgänge aufnehmen musste. Aus Platzmangel wurde die Schule 1965 aufgestockt und erhielt damit ihr heutiges Aussehen. Im Bild ersichtlich ist die Planung, die dem Bau der Schule vorausging. Seit 1980 beherbergt die ehemalige Schule die Schulungsräume der Feuerwehr, den Übungsraum unseres Gesangvereins und eine Wohnung. Gleich neben dem alten Schulgebäude stand bis 1963 der schon erwähnte, im Jahre 1762 errichtete „Alte Krug". Seit 1860 wurde hier allerdings keine Gaststätte mehr betrieben. Das Haus nutzte man als Wohnraum. Am 02. August 1963 hielt der Wahrstedter Gemeinderat in den Räumlichkeiten eine letzte Gemeinderatssitzung unter dem damaligen Bürgermeister Karl Wehke ab. Petroleumlampen mussten den Raum ausleuchten. Danach wurde er abgerissen und an seiner Stelle das Wahrstedter Dorfgemeinschaftshaus gebaut.
Ein weiterer unverwechselbarer Bestandteil des Dorfes ist seit jeher das Storchennest bei Kalli Behrens auf dem Dach des Hauses Nr. 9. Dieses, nachweislich seit 1904 vorhandene, Nest wurde bis auf wenige Jahre durchgehend vom Storch belegt. Es ist im Jahre 1980 renoviert worden undwird recht intensiv genutzt.
Die ehemalige Bäckerei im Winkel 3 von Emma Buchmüller versorgte den Ort mit Backwaren und Lebensmitteln. Im Jahre 1980 schloss das Geschäft. Seit dieser Zeit ist Wahrstedt ohne Einkaufsmöglichkeit. Mit Wilhelm Kraul befand sich früher ein weiterer Gemischtwarenladen in unmittelbarer Nähe.
Ein denkwürdiges Jubiläum konnten im Jahr 1981 die Wahrstedter mit ihrem Wirt, Hansjörg Becker, feiern. Die Gaststätte „Dorfkrug" bestand 125 Jahre. Am 04. August 1856 auf dem Grundstück Nr. 29 erhielt der Gründer der Gaststätte „Dorfkrug", Wilhelm Becker, die „Kruggerechtigkeit". In späterer Zeit fand auch die Poststelle hier ihren Platz. Eine Kegelbahn vervollständigte 1904 die Gaststätte zusätzlich. Aus gesundheitlichen Gründen musste unser Wirt Hansjörg Becker die Gaststätte im Juni 1989 leider schließen.
Einen tiefen Einschnitt in Wahrstedts Entwicklung gab es nach dem 2. Weltkrieg mit der Trennung Deutschlands in Ost und West. Die längs der Aller verlaufende Grenze, die anfangs nur mit Stacheldraht, später mit einem festen, minenbestückten Zaun und dann teilweise mit einer nichtüberwindbaren Mauer versehen wurde, gehörte zum Dorfbild. Diese Grenze, die den Ort in seiner Entwicklung, seinem Aussehen und seinem Charakter von 1948 bis 1989 erheblich beeinflusste, ist seit dem 26.11.1989 verschwunden. Ein Mahnmal an der Allerbrücke in Büstedt erinnert uns heute an diese Zeit. Das Wahrzeichen Wahrstedts war schon immer die 1568 erbaute St. Petri Kirche. Von den drei ehemals vorhandenen Glocken mussten im ersten Weltkrieg zwei an die Metallbeschaffungsstelle des damaligen Kriegsministeriums abgegeben werden. Man brauchte die Glocken zum Gießen von Kriegsmaterial. 1934 wurde wiederum eine zweite Glocke angeschafft, die im zweiten Weltkrieg 1942 erneut abgegeben werden musste. Nach langer Zeit sollte es erst im Jahr 1989 gelingen, diese zweite Glocke unter Pastor Romberg erneut zu beschaffen. Im selben Jahr wieder eingebaut, hört man in Wahrstedt wieder zwei Glocken läuten.